Mittwoch, 10. April 2019

Fünf Jahre Zugvogel

Vor fünf Jahren hat mein Leben malwieder eine drastische Wendung genommen. Ich habe innerhalb von kürzester Zeit die beiden Dinge verloren, die mir am wichtigsten waren. Meine Vision und meine Ehe. Und im nachhinein bin ich dafür unendlich dankbar, denn ich habe dafür ein Leben als Zugvogel bekommen. Das war zwar alles nicht der Plan, aber es kommt ja eh immer alles anders als geplant. Zuerst bin ich einfach nur mit einem One-Way-Ticket nach Bangkok. Ohne zu wissen ob oder wann ich wiederkomme. Aber ich war definitiv nicht frustriert genug, wie die ultimativen Aussteiger, die für immer Deutschland verlassen und überall auf der Welt trotzdem weiter meckern. Und ich war auch nicht luftig genug wie all die Digital Nomads, die überhaupt keine Homebase mehr haben und überall Zuhause sind wo ein Co-Working Space mit gutem Internet ist. Der Lebensentwurf Zugvogel war auch kein bewusster Plan, sondern eher etwas, was sich natürlich entwickelt hat.

Gleich am ersten Tag bin ich in Bangkok ganz unbewusst und intuitiv an der Asoke Kreuzung stehen geblieben und habe einen Granatapfelsaft gekauft. Das war so ein tiefer Pause Knopf, den die Welt vergessen hat zu drücken. Und diese Kreuzung hat mich über die fünf Jahre konstant magisch angezogen, sodas ihr Umkreis mein zweites Zuhause wurde. In Berlin nenne ich meine Wohnung Vogelnest, weil sie hoch oben wie in einem Baum liegt. Klein und gemütlich mit toller Aussicht. Trotzdem im Zentrum einer Weltmetropole. Was der Alex für mein Berlin ist, wurde die Asoke Kreuzung für mein Bangkok. Und der SWU-Lawn wurde mein Engelbecken, an dem ich mein Zugvogelnest gefunden habe. Zugvogel weil ich die letzten fünf Jahre die Winter in Bangkok und die Sommer in Berlin verbracht habe. Ich kenne nicht viele Menschen die so leben, aber es war genau wie ich leben wollte, ohne mit irgendjemandem zu tauschen.

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Viele Leute haben mich immer gefragt wie ich das denn mache und sie könnten das nicht. Bei mir war es aber wie gesagt garkeine bewusste Entscheidung, sondern eine intuitive. Und es waren auch nicht erst die Mittel und Möglichkeiten da, sondern rein garnichts, als ein großes Loch und eben dieser Pause Knopf. Den, den viele Menschen nicht wagen zu drücken, weil er so unvorstellbar ist. Einfach mal nichts machen, ist eine der schwierigsten Aufgaben des Lebens. Und ich habe hier die letzten fünf (halben) Jahre immer wieder ziemlich aktiv garnichts gemacht. An einem emotional sehr tiefem Punkt bin ich angekommen und die letzten fünf Winter hier haben mich so unendlich doll positiv aufgeladen. Es waren die bis dato schönsten Jahre meines Lebens und jetzt ist die Achterbahn des Lebens malwieder an einem der höchsten Punkte angelangt.

Es ist natürlich unmöglich zu Beschreiben was alles passiert ist, aber ein paar Sachen möchte ich gerne teilen. Ein spannendes Learning war der Kontrastblick, den ich jedesmal hatte, egal in welche Richtung ich geflogen bin. In beide Richtungen habe ich mich immer gefreut mein Bangkok und mein Berlin wieder zu sehen. Um wenn man irgendwo lebt bekommt man viele Veränderungen garnicht mit, weil sie schleichend passieren. Genau wie man einen Baum nicht wachsen sehen kann. Aber wenn man all die Veränderungen auf einmal sieht, sieht man sie viel klarer und deutlicher. Und durch die Veränderungen sieht man überhaupt erst was wichtig ist.

Ein weiteres Learning war auch, dass sich meine Komfortzone extrem ausgebreitet hat. Die ersten Male ist jede neue Destination natürlich aufregend und spannend. Die weitern Male entdeckt man  auch immernoch neue Sachen. Richtig tief rein ins Leben kommt man aber erst, wenn man sich innerlich vollkommen an einem Ort entspannen kann. Und obwohl Asien, Thailand und Bangkok so vollkommen anders ist, fällt es mir überhaupt nicht mehr schwer, mich hier einzutunen. Und das lässt sich glaube ich inzwischen auf viele Orte übertragen. Reisen ist inzwischen so viel einfacher geworden als früher. Sobald man eine SIM Karte mit Internet hat flutscht einfach alles. Und das lässt die Welt für mich wirklich zusammen wachsen. Diese ganzen Ländergrenzen spielen eigentlich irgendwie nurnoch bei der Passkontrolle eine Rolle. Aber ich könnte mein Leben glaube ich inzwischen überall sehr leicht Leben sofern mein Smartphone Empfang hat. Und das heißt nicht, dass es überall gleicher wird. Im Gegenteil habe ich immer mehr erkannt, wie wunderschön bunt die Welt ist. Alles mixt sich mit allem und wird dadurch immer nur noch bunter.

Mit Bangkok als Base konnte ich auch alle Nachbarländer besuchen oder Orte in dieser Region hier für die man sonst nicht mal eben um die halbe Welt fliegen würde. Was ganz geil ist da Bangkok genau in der Mitte eines relativ kleinen Kreises liegt, in dem die Häfte der Weltbevölkerung lebt. Und die Unterschiede der Südostasiatischen und Ostasiatischen Länder verstehe ich jetzt noch viel viel besser. Generell habe ich jetzt schon mehrere Jahre in Asien verbracht und dadurch die östliche Weisheit ganz automatisch immer mehr in mein Leben integriert. Zum Beispiel durch meinen Bachelor, Master und Doktor im Massiertwerden. Oder die über tausend Stunden Meditation in Hunderten Tempeln und bei fünf Vipassana Kursen. Etwas was hier nach wie vor ein tiefer und prägender Bestandteil der Kultur ist. Und am allerliebsten sind mir natürlich die Thais. Wie sie sich einfach nicht all zu ernst nehmen, brilliant entspannt aus der Affäre ziehen und immer eine bunte kreative Lösung bereit haben. Ein dickes fettes Khob Khun Krab an euch. Es war extrem schön und lehrreich so zu leben doch jetzt kommt wieder etwas anderes. Den die Tiefe der zwei Sachen die ich verloren hatte, ist als Zugvogel schwierig zu erreichen. Von daher fliegt der Zugvogel jetzt wieder etwas zurück ins wahre Heimatnest. Berlin!





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