Samstag, 24. Dezember 2016

Jahresabschlussbilanz

Das zwöfte Kapitel vom Rice Newsletter Projekt vom 24. Dezember 2006. Alle Newsletter könnt ihr unter diesem Blogartikel via Paypal kaufen. Alle veröffentlichten Kapitel findet ihr hier.

Eine Sache die wohl jeden Schreibenden mal beschäftigt, ist die zeitliche Lücke zwischen dem Erleben und dem Schreiben. Ich würde natürlich immer gerne meinem Schreibfluss ungehinderten Lauf lassen, damit die Dinge so rein und klar aus dem Kopf rausfließen wie nur möglich und nicht ständig durch Überlegungen und Nachkorrekturen verstümmelt werden. Dabei verliere ich ganz gewiss nicht die Gesamtstruktur oder den roten Faden. Die äußere Ordnung ist ja bereits gesetzt und ich muss den Inhalt nur noch in die Eiswürfelförmchen reingießen. Nein es ist etwas anderes was mich bei diesem ausgießen stört. Ich möchte immer damit anfangen, in welchen Situationen ich diese Worte hier schreibe. Das mag vielleicht sogar höchst wichtig sein aber es würde die Mehrzahl der Leser doch nur verwirren wenn ich einleitend sage das ich soeben aus Chile wiedergekommen bin und nun auf 2006 zurückblicken möchte. Nein ich denke diese Informationen sollten mir vorbehalten bleiben oder denjenigen die sich irgendwann einmal die Mühe machen meine Tagebücher mit meinen Schriften zu vergleichen. Ich will hier nicht die Gefahr eingehen, dem Leser zu verwehren was ich denn eigentlich erzählen wollte.

Mit der Jahresabschlussbilanz kehrt noch mal sehr deutlich das 24er Kästchendenken zurück. Ich hab nun das erste Jahr, jedes mal pünktlich in 12 Kästchen unterteilt und um Werbung für das Reflektieren zu machen, liegt an diesem besonderen Tag bei jedem mein Jahresrückblick unterm Baum. Auch ein besonderer Zufall, dass irgendein Papst diese Vakuum Woche zwischen Fest und Feier gedrückt hat. Es ist oft wie in einem dieser Bruce Willis Weltrettungsfilme wo sie mit einer Höllengeschwindigkeit auf diese Klappbrücke zurasen. In der Luft geschieht dann alles in Zeitlupe, bevor man wieder sehr hart aufballert und die Jagt weitergeht. So fühlt sich die Woche zwischen Weihnachten und Silvester an und ich denke es ist nicht nur für mich hilfreich das auch Weihnachten auf dem 24 liegt. In der Regel seid ihr alle zu Hause und checkt noch mal die letzten Mails bevor es zum Baumschmücken oder ans Essen machen geht. Auch an diesem Tag spiegelt sich die Kluft zwischen 24 und 36 wieder. Dieser Tag möchte perfekt sein. Alle haben sich lieb, alle machen sich hübsch, die Familie ist beisammen, das Essen ist lecker, materielle Geschenke und die mit Liebe werden ausgetauscht und der rot-weiße Mann ist das Sinnbild von alter Opa Freundlichkeit. Und dann gibt es die 36er die diese Show und alle Schauspieler an diesem Tag verachten. Zum kotzen dieser Drang zur perfekten Harmonie, die doch eh nur vorgetäuscht ist. Nun wie hoffentlich bereits erwartet wird, schlage ich mich natürlich auf keine der beiden Seiten sondern versuche sie zu vereinen. Ich liebe die beschriebenen 24er Eigenschaften, gebe aber den 36ern vollkommen Recht. Nun solange von Seiten der reinen 36 keine Alternativlösung vorliegt werde ich mich weiterhin genüsslich in den Rausch der Symbolik werfen und hoffen das ich auch nur den einen oder anderen auf die Reise meines Rückblicks mitzunehmen. 

Er ist nicht objektiv, aber er ist zu diesem Zeitpunkt objektiver und schaut auf eines der außergewöhnlichsten Jahre unserer Zeit zurück. Ich denke es war ein Schlüsseljahr. Es war ein Schlüsseljahr wo eine Generation gespürt hat, dass sie das best mögliche Leben aller Zeiten lebt. Wir haben es noch nicht verstanden, aber wir haben es immerhin schon einmal gespürt, was für ein unendliches Glück wir haben, in dieser Zeit geboren zu sein und in dieser Region der Erde aufzuwachsen. Für uns gibt es keinen Hunger mehr, wir kennen auch keinen Krieg, wir hatten ausreichend Zeit unseren Wohlstand nicht nur zu befriedigen sondern ihm sogar fast überdrüssig zu werden. Und letztendlich hoffe ich das wir die ersten und bisher einzigen sind die es schaffen als Masse zur höchsten Stufe der Bedürfnisse vorzudringen. Ich meinen nicht nur in Einzelfällen sondern das eine kritische Masse oder mehr die Möglichkeit hat sich selber zu verwirklichen. Uns fehlt nichts, wir haben alles, was kommt danach. Natürlich besteht weiterhin die Gefahr, dass wir uns all diesen traumhaften Umständen der Geschichte nicht bewusst sind und über Probleme meckern die keine sind. Vielleicht haben wir auch noch einen Haufen Probleme die vor uns liegen und von denen wir nicht wissen wie wir sie lösen sollen. Wir hatten ja nie die Aufgabe Probleme zu lösen, was sollen wir dann also mit Klimawandel, Überbevölkerung und unserem Wissen machen. Nun es klingt banal und zu einfach. Aber so hat es mein Vater immer gemacht. Zwei Probleme in einen Topf geworfen und raus kam eine Lösung. Sie war oft so genial und einfach das sie niemand verstehen oder ernst nehmen konnte. Ich habe seine Denkweise verstanden und übernommen. Schmeißen wir nun also zum Beispiel den Klimawandel und unsere Sinnlücke in einen Topf. In den Jahrhunderten zuvor ging es um Freiheit, Demokratie, Feminismus, Wohlstand oder was auch immer. Die Leute haben oft verbittert bis zum Tod für ihre Ziele gekämpft. Als sie erreicht wurden, waren sie nach zwei Generationen so normal, dass sie vergessen wurden. Aber immerhin die Leute verstauben in den Geschichtsbüchern. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als meinen Namen in einer Bibliothek verstauben zu lassen. Ich will, dass mein Name diese unsere einzige Kultur der Menschheit weiterbringt. Wenn mein Hauptziel weit über mein Leben hinaus geht beschimpft mich hoffentlich bald niemand mehr als Egoisten. Ich will meine Generation und die nachfolgenden auf ein noch besseres breiteres Fundament stellen und wenn ich auf dem Weg zur Selbstverwirklichung nach irgendeinem Sinn suche, dann bietet sich mir ein Meer von Möglichkeiten. Ich werde mich also auf die Rettung der Welt, genauer gesagt Umwelt spezialisieren und bei guter Laune auch mal den Humanismus voran bringen. Aber wie bereits gesagt habe ich das in diesem Jahr ja erst gespürt und noch nicht verstanden. Doch wenn es bis zum Verstehen nur zwei weitere Jahre braucht, na dann liegen wir immer noch ziemlich gut in der Zeit.




Nun ich empfehle an dieser Stelle mal den Newsletter zu lesen und am besten auch noch die englische Version, die zwar voll mit Fehlern ist, aber immer eine zweite Sicherheitsbeschreibung war um nicht zu viel Inhalt zu verfehlen. Nun werden wahrheitsgetreue Kritiker sagen, dass ich nun wirklich überhaupt nichts verstanden habe, während ich von einem Rausch in den nächsten gestolpert bin. Aber das ist das letzte was wir machen müssen. So lange und so oft, so ausgiebig feiern bis es einfach nicht besser geht. Feiern ist ja im Vergleich bereits eine Tätigkeit die recht weit oben auf der Pyramide steht. Natürlich nicht ganz oben aber ich denke es ist ganz wichtig sich ein paar Jahre vollkommen gehen zu lassen. Treiben zu lassen und sehr oft vollkommen aus sich heraus zu kommen. Wichtig ist nur, darauf nicht für alle Ewigkeiten hängen zu bleiben. Wir sind Raver, We are Ravers, wir haben die Wunschvorstellungen der Gesellschaft auf unseren Tanzflächen bereits realisiert. Jetzt wird es Zeit diese Werte ins Leben rein zu tragen. Ich werde diese Jahre nie bereuen oder leugnen. Es waren die schönen wilden Jahre in denen man hoffentlich klar genug war, um zu merken wenn man auf dem Olymp war. Danach geht es nicht weiter nach oben, es lässt sich nicht beliebig wiederhohlen. Doch wenn du dann plötzlich an einem Sonntagmorgen in deinem Bett früh aufwachst ohne Kater sondern mit einem Hund und einem Mädchen die beide noch auf dir schlafen. Wow, da habe ich Gänsehaut bekommen bei der Ahnung wie viel schöner dieses Gefühl sein kann.

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