Freitag, 24. Juni 2016

Schlaaaand wird Jägermeister

Das sechste Kapitel vom Rice Newsletter Projekt vom 24. Juni 2006. Alle Newsletter könnt ihr unter diesem Blogartikel via Paypal kaufen. Alle veröffentlichten Kapitel findet ihr hier.


Ja hier war ich dann wohl auf dem Höhepunkt der 24 angelangt. Was allerdings bedeutet, dass es nach einem Höhepunkt bergab gehen wird. Den Text kann man fast ganz vergessen aber selbst wenn ich meinen abstrakten Brainstormstyle beibehalten hätte wäre hier auch nicht viel mehr bei raus gekommen, da nun wirklich alles explodiert ist. Am besten kann ich mich und alles wohl damit beschreiben wie ich die ganze WM in einem Dauerrausch war, aber trotzdem in jeder Vorlesung an der FHW war. Diese riesige Welle die da durch Deutschland geschwabt ist hat so vielen von den Leuten die ich vorher immer in der U-Bahn gesehen hatte, und nie wusste wer das ist, eine Identität zurückgegeben. Ich meine all die Durschnittsmenschen die ich auf der Straße sehe, die nicht allzu ausgefallen sind und auch nicht viel reden, jedenfalls nicht im öffentlichem Raum, die die langweilige Klamotten tragen und wahrscheinlich auf dem Weg zur Arbeit sind. Welche Arbeit ist egal, ob zur Müllabfuhr oder in einen urbanen Bürobau, mich hat einfach immer die Frage beschäftigt, wer die denn alle sind. Wo die alle herkommen, was die alle machen. Es ist schwer zu begreifen aber ich wollte immer versuchen die abstrakten Zahlen, die die ganzen Systeme beschreiben, greifen zu können. Wo sind die 82 Millionen und was arbeiten die alle. Ich hielt es immer für viel zu viel, so viele Produkte können wir doch gar nicht kaufen oder essen das man ein so großes System braucht. Genau wie alle anderen habe ich es damals noch nicht verstanden, aber im Gegensatz zu allen anderen wollte ich es verstehen und als ich es verstanden habe, habe ich mir eine größere Zahl vorgenommen. 



Ein paar Jahre vorher war es eine kleine Modeerscheinung den Namen seiner Heimatstadt vorne auf der Brust zu tragen. Ich hatte natürlich auch eine Hamburg Jacke weil die Stadt inzwischen zu meiner Hosentasche geworden war. Da wurde es wenigstens ein bisschen klarer wo die Leute herkommen, aber sie hatten immer noch alle die gleichen Gesichter ohne jegliche individuelle Mimik. Das sollte sich dann genau zum richtigen Zeitpunkt in diesem Sommer ändern. Mit dem richtigen Zeitpunkt meine ich erneut, dass wir einen angemessenen Zeitraum damit verbracht haben nicht zu vergessen. Was nicht heißen soll das wir jetzt vergessen. Im Gegenteil, das ich jetzt mit diesem T-Shirt rumlaufe bedeutet, dass wir eine neue Generation sind die aus den gemachten Fehlern gelernt hat. Nun würden einige sagen, wenn wir was gelernt hätten würden wir ja nicht die Flagge raushohlen, aber ich denke genau das ist überholt. Heute bewusst mit Schwarz Rot Gold umgehen bedeutet, über die Vergangenheit hinaus zu sein und ein neues besseres Bild nach außen zu tragen. Und als kleine Versicherung habe ich ja auch wieder die Gehirntäuschungsstrategie ausgekramt. Das gleiche was ich vorher mit meinen Farben gemacht habe, wurde jetzt auf die Flagge angewandt. Das war dann auch die einzig legitime Variante mit der man in Kreuzberg beides vereinigen konnte. Am tollsten fand ich es, als mein alt eingesessener Kreuzberger Nachbar mich nach meinen inzwischen berühmten GOLD-BLACK-RED Stickern gefragt hat. Er würde schon gern auf der Schland Welle mitreiten (vierundzwanziger Eigenschaft) aber halt nicht so, so, so du weißt schon wie halt sondern mit den Stickern die ja irgendwie lustig oder halt so, so, so sechsunddreißig halt sind. Ich habe so viele von den Aufklebern gemalt und letztendlich sogar erfolgreich bei eBay verkauft und sie wurden mir überall freudig aus der Hand gerissen. Und überall begegneten mir Gehirne die immer wieder verwirrt waren weil die Farbenkombination ja inzwischen überall zu sehen war und im Kopf wieder Verankerung suchte. Was dann allerdings beim Lesen nicht stimmte dauerte immer genau so lange an bis ich meinen Effekt erreicht habe. Allein dieses Vorführen ist Kritik genug daran, dass unsere Vernunft nicht immer funktioniert. So auch bei meinem FHW Beispiel. Die eine Kraft hat mich während der ganzen WM pünktlich in alle Vorlesungen gezogen, egal wie sinnlos oder lehr sie waren, eines dieser strukturverliebten graden 24er Eigenschaften. Aber ich denke genau die gleiche Person war es die am aller höchsten auf der Schland Euphorie Sommermärchen Welle gesurft ist war auch ich. Ich habe mich mit vollen Zügen bewusst für diesen leidenschaftlichen Rausch hingegeben. Vor Freude geweint habe ich übrigens weil ich nach endlosen Jägermeistern im Plantschbecken auf der Dachterasse meines Chefs, alleine in deren Ehebett aufgewacht bin und den Beamer angeschmissen habe. Es spielte Ecuador gegen habe ich vergessen in Hamburg und da war eines dieser Gesichter die ich vorher beschrieben habe. Ein Papa aus Ecuador, der seit sehr vielen Jahren in Hamburg lebt und sich nun freut das die Farben seiner Heimat ihn endlich im sonst so verregneten grauen Deutschland besuchen. Endlich hatte er für meine Augen eine Identität und er hat sich so riesig gefreut. Ich habe mich dann auch für ihn und alle anderen denen es so ergangen ist gefreut. Vor allem die zahlreichen Menschen in diesen Städten Deutschlands die man immer nur vom Namen her kennt aber niemals besuchen würde. All die Menschen die da leben haben jetzt wieder wenigstens irgendwas woran sie ihre Identität knüpfen können. Wenn alles gut läuft, heißt das vielleicht das endlich aufgehört wird zu meckern. Und wie in einem Märchen war es dann auch als mit deutscher Pünktlichkeit zum Anpfiff der WM der graue Himmel über dem Brandenburger Tor verschwand und für eine Unendlichkeit die Sonne schien. Schland ist aufgewacht aus seinem Jahrzehnte langem Meckerschlaf und feiert zusammen seine Weltoffenheit. Nur das ich auch hier wieder nicht falsch verstanden werde. Ich bin kein übertriebener Fan von Nationalstolz und Patriotismus. Das hat hinter der Religion oft genug zu Kriegen geführt.

Ich sage, dass als Person die in diesem Jahrtausend in Europa erwachsen wird. Im Vergleich zum Rest der Welt und im Vergleich zur gesamten weltgeschichtlichen Vergangenheit bin ich in einem wunderschönen Cocoon aufgewachsen in dem es überhaupt keinen Krieg gibt. Es ist für meinen Kopf unvorstellbar, dass es in Europa noch mal Krieg geben sollte, deswegen sind wir ja zusammen. Und da sich dieses gesellschaftliche Beispiel Europas immer mehr bestätigt denke ich, dass es auch so weiter gehen wird. Wir haben eine der höchsten Kulturstufen der Welt bereits erreicht und die Philosophen haben immer beteuert, dass mehr Verstand mit Moral korreliert. Und ich bin nun jemand der in diesem Umfeld groß wird und daher solche neuen Gedanken hat. Wie gesagt ich denke bereits an den nächsten Schritt. Der Tendenz zum Guten hat sich hier bereits bestätigt, jetzt stellt sich die Frage wie gut. Und auf welchem Wege wir die positive Energie in uns und unserer Kultur steuern. Ich denke dafür ist es nötig ein paar vorteilhafte Elemente aus bereits verworfenen Modellen zu übernehmen. Egal wie Paradox ihre Kombination sein mag, wenn sie für die Praxis taugen reicht es mir.


Entschuldigung ich schweife hier ein bisschen von der Linie ab und komme nicht dazu das Beispiel mit der FHW zu Ende zu bringen. Was ich sagen wollte, dass in mir ein Interessenskonflikt bestand zwischen guten Studienleistungen und genießen dieser Zeit. Entweder war die Person die die Prüfungen genau zwischen die Finalspiele gepackt hat sehr doof oder sehr gemein. Ich bin mit einem Haufen Viernullen davongekommen und habe während einer Prüfung sogar gekotzt. Aber wenn ich die vielen intensiven Momente dieser Zeit, die niemals wiederkommen wird, reflektiere, sage ich, ich würde alles wieder genauso machen. Ich würde pünktlich und grade wie die 24 in den Vorlesungen sitzen und berauscht und im emotionalen Einklang die Gefühle genießen wie die 36. Was ich jedoch versuchen werde, ist erneut die Rahmenbedingungen zu ändern. Genau wie ich mir damals das Schulsystem vorgenommen habe, nehme ich mir als nächstes das Gesellschaftssystem vor. 

Aber als Zwischentrainingscamp werde ich noch mal kurz die Regeln der Wirtschaft ändern. Ich nehme mir das Kapitalistische System vor, welches eines der exzellentesten Beispiele für das fehlschlagen der 24 als Alleingänger darstellt. Ich werde ohne die Mauern der 24 einzureißen es einfach um die Hälfte erweitern. Um den rationalen Würfel der 24 werde ich eine fast runde Hülle der 36 legen. Bis dahin dauert es allerdings noch ein bisschen. Denn ich bin ja grad erst gelogene 24 geworden. Schrecklich wenn man wie ich immer auf das Ziel hinarbeitet und wartet und denkt dann ist alles erreicht. Nee Nee Blödsinn ich habe es leider allzu oft noch nicht in die Tat umgesetzt den Weg als Ziel zu fühlen. Obwohl ich weiß, dass es nach jedem Ziel gleich wieder losgeht zum nächsten. Aber es war wohl ein notwendiger Zwischenschritt die 24 zu erreichen. Ein Glück habe ich es früher gemacht als mein Pass vorsieht, denn sonst würde ich wohl wirklich ganz gut in die Schubladen passen. Aber so wird es mir in Zukunft ein Bonus sein heute gelogen zu haben. Aber zu diesem Wahrheitsthema kommen wir später noch mal. Mit der Matrix streife ich dieses Thema nur kurz aber ich bin mir durchaus bewusst, dass all das was um mich herum passiert nur eine Illusion ist. Ich bin im Zentrum der Ereignisse und daher ist es mir unmöglich objektiv zu bleiben. In solchen Fällen neige ich leicht dazu die Sachen optimistisch überzubewerten oder sie grade in den Status von Illusionen zu erheben. Vielleicht ist es alles totaler Blödsinn was ich dann von den Identitäten rede und nach der WM ist alles vorbei. Wir haben die gleichen Probleme mit den immer noch übriggebliebenen Nazis. Vielleicht ist es gefährlich das ich meinen Rationalismus um Optimismus erweitert habe. Aber vielleicht bedeutet es auch das ich der einzige bin der den Ist Zustand verändern kann. Möglicherweise habe ich nicht recht, aber wenn ich lange genug von einer besseren Welt lüge wird sie vielleicht grade dadurch Wahrheit. Klingt verrückt aber es ist bei den Denkweisen der Visionäre nicht sonderlich anders. Und im Nachhinein bestreitet niemand das bestimmte Veränderungen eingetreten sind. Negative wie positive, aber zu den Zeiten als sie gedacht worden sind waren sie utopisch. Was solls, dann bin ich halt in der Gegenwart und werde wegen meiner Rosa Roten Brille ausgelacht. Und in der Matrix wird ja lediglich mit den Ängsten gespielt was bei solchen Strategien schief gehen könnte. Man stelle sich nur vor, die abgespielte Illusion in deinem Kopf wäre eine viel bessere Version ohne das die Ernte ausfällt. Mir ist bei jedem Wort bewusst das diese Gedanken für die Mehrzahl der Leser abstoßend wirken, doch ich bin mir ebenso sicher das in jedem von euch das theoretische Potential zur 36 und das praktische zur 24 bereits vorhanden ist. Ich bin jedoch noch ziemlich allein auf dem Weg die 36 auch praktisch umzusetzen, ohne dabei die Eigenschaften der 24 zu verleugnen oder zu verfluchen. Ich hab den Schritt gemacht und gesehen, dass er klappt und weiß das die 36 besser ist. Nun sollte ich mich auf dieser Insel aber nicht abschotten sondern versuchen den veralteten Systemen wie der Wirtschaft eben diesen Schritt zu ermöglichen. Die Logik der Zahlen ist nicht schlecht, im Gegenteil, sie ist eine gute Basis, aber ohne die Erweiterung muss sie an die Wand fahren. Genau wie die Weltwirtschaft immer wieder an die Wand fährt und wir alle nach gewissen Zeitabständen mehr Tage im Februar haben. Aber wollen wir mal noch nicht zu doll abheben. Momentan befinden wir uns ja noch mitten im Rausch der Heilen Welt eines Märchens. Und zum Glück hat mich die 24 mit seinen klaren Grenzen beschützt nicht wieder in die Farben zurückzufallen. Aber so wie ich jetzt schreibe löse ich keines der gegebenen Versprechen des Anfangs ein, also zurück zum alten Stil und zurück zu den Erklärungen hin zu einer deutlicher und ernster werdenden Struktur.

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